08. Mai 2015 | Zurück zur Artikelübersicht » |
Seit dem Jahr 2012 wirken mit Unterstützung der Sepp-Herberger-Stiftung in den DFB-Landesverbänden Inklusionsbeauftragte. Nico Kempf, Inklusionsbeauftragter des Bayerischen Fußball-Verbandes (BFV), organisiert im Freistaat eine besondere Aktion. Der BFV lädt zu Informationsabenden im Handicap-Fußball ein. Im Interview mit Thomas Neumann erläutert Nico Kempf die Hintergründe zu dieser Veranstaltungsreihe.
Herr Kempf, wie entstand die Idee zu diesen Infoabenden?
Wir hatten im vergangenen Jahr eine Umfrage unter allen bayerischen Fußballvereinen zum Thema Handicap-Fußball durchgeführt. Eine wichtige Erkenntnis daraus war, dass sich bereits mehr als 270 Fußballvereine in Bayern auf unterschiedliche Weise für Menschen mit Behinderungen engagieren. Sie beispielsweise als aktive Mitglieder oder ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in ihre Vereinsstrukturen integriert haben. Gleichwohl gibt es auch noch einige Menschen, die dem Behindertenfußball mit Unkenntnis, Berührungsängsten und teilweise auch Vorurteilen gegenüberstehen. Genau dort möchten wir mit unseren bayernweiten Informationstagen anknüpfen. Wir möchten die fußballbegeisterte Öffentlichkeit noch mehr für den Handicap-Fußball sensibilisieren, informieren und begeistern.
Wie wird ein solcher Tag inhaltlich gestaltet?
Der Informationstag beginnt in der Regel mit einem Theorieteil. Dort werden neben der Vorstellung von unterschiedlichen Formen des Handicap-Fußballs, Herausforderungen und Chancen bei einem Engagement in diesem Bereich erläutert sowie Schritte zur Gründung einer Inklusionsmannschaft praxisnah aufgezeigt. Der Theorieteil schließt mit der Darstellung von Best-Practice-Beispielen aus unterschiedlichen Bereichen des Handicap-Fußballs. Beispielsweise auch mit gelungenen Sponsoring-Vereinbarungen für inklusive Teams. Im Anschluss an den Theorieteil findet ein Praxisteil statt. Zuerst wird eine Demonstrationseinheit mit einem Handicap-Fußballteam aus der Region durchgeführt. Hierbei sollen den Teilnehmer methodische und pädagogische Hinweise bei der Gestaltung eines Trainings im Handicap-Fußball an die Hand gegeben werden. Die Trainerinnen und Trainer stellen schnell fest, dass es bei den einzelnen Übungen keine großen Unterschiede zur üblichen Trainingspraxis gibt. Anschließend haben die Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Möglichkeit, beim Blindenfußball selber mitzumachen, um einmal eine besondere Facette des Behindertenfußballs selbst kennenzulernen.
Wie haben die Vereine auf dieses Angebot bisher reagiert?
Die Teilnehmerzahl an den Veranstaltungen war bisher recht unterschiedlich. Am letzten Infotag am 2. Mai in Schwabach konnten wir mit 25 Vertretern aus Vereinen und Behinderteneinrichtungen die bisher höchste Teilnehmerzahl verzeichnen. Wir würden uns selbstverständlich sehr freuen, wenn sich diese Teilnehmerzahl bei den noch ausstehenden Informationstagen am 9. Mai in Bamberg und Ingolstadt, am 16. Mai in Deggendorf sowie am 18. Mai in Kaufbeuren bestätigen oder sogar noch erhöhen ließe. Es lohnt sich. Lassen Sie sich vom Handicap-Fußball begeistern! Das Feedback der Teilnehmer vor Ort war bisher auch nur durchweg positiv. Übrigens wird der Handicap-Fußball auch bei der Fußballiade des Bayerischen Fußball-Verbandes Anfang Juni in Landshut im Fokus stehen.
Gelebte Inklusion: Jonas aus Bremen, ein Spieler mit Down-Syndrom, spielt mit Unterstützung einer Begleiterin
Welche Ziele verfolgt der Verband mit diesen Abenden?
Inklusion beginnt im Kopf. Daher möchten wir zuallererst die Bewusstseinsbildung zum Thema Handicap-Fußball verschärfen. Die Fußballvereine sollen sehen, dass der Behindertenfußball mit seinen einzelnen Sparten ein wichtiger Bestandteil des Breitenfußballs ist. Wir sprechen über Fußballer mit Handicap und nicht über behinderte Menschen, die gerne Fußball spielen möchten. Darüber hinaus möchten wir praxisnahe Informationen geben, um die Anzahl an Kooperationen zwischen Fußballvereinen und Behinderteneinrichtungen und Inklusionsteams in Fußballvereinen weiter zu erhöhen sowie die Integration von Menschen mit Handicap in bestehende Fußballteams und unsere Verbandsstrukturen zu erleichtern.
Konnte das Bewusstsein für das Thema Inklusion denn in den vergangenen Jahren – auch mit Hilfe der Inklusionsinitiative der DFB-Stiftung Sepp Herberger – gesteigert werden?
Ja, auf alle Fälle. Das Thema Inklusion findet zunehmend Gehör in den bayerischen Fußballvereinen und dem BFV. Dieser Trend wird durch die kontinuierlich wachsende Anzahl an Vereinsengagements bestätigt. Viele Fußballklubs erkennen, dass sich aus dem Handicap-Fußball eine gewisse Verpflichtung an den Verein ergibt, gleichzeitig jedoch auch unglaubliche Chancen für die Vereinsentwicklung entstehen. Individuell betrachtet lassen sich regionale Unterschiede in der Bereitschaft der Vereine, ihre Strukturen für Menschen mit Handicap zu öffnen, wahrnehmen. Es braucht in den einzelnen Regionen Leuchtturmprojekte oder Best-Practice-Beispiele im Inklusionsfußball. Die anderen Vereine in der Umgebung müssen mit eigenen Augen sehen, dass Inklusion im Verein kein Hexenwerk ist, sondern – ganz im Gegenteil – ein großer Gewinn für alle Seiten ist. Dies bestätigen unsere derzeit acht Inklusionsmannschaften im Großraum München..