26. März 2015 | Zurück zur Artikelübersicht » |
Im Mannheimer Rosengarten werden am morgigen Freitag (27. März2015) die Sepp-Herberger-Urkunden 2015 verliehen. Insgesamt zehn Fußballvereine erhalten in den Kategorien Behindertenfußball, Resozialisierung, Schule und Verein sowie Sozialwerk die mit Geldpreisen in einer Gesamthöhe von 35.000 Euro dotierten Auszeichnungen. Den Sonderpreis in der Kategorie Sozialwerk erhält der TSV Meckenhausen (Bayern). Der freie Journalist Rainer Kalb stellt den Sieger vor.
Als Michael Lautenschlager den Brief bekam, dachte er zunächst, es sei wieder einer der vielen Spendenaufrufe. Als der Vorsitzende des TSV Meckenhausen (Bayerischer Fußball-Verband) den Brief jedoch las, traute er seinen Augen nicht: Sein Verein sollte die mit 5.000 Euro dotierte Sepp-Herberger-Urkunde 2015 im Bereich Sozialwerk/Sonderpreis gewonnen haben. Lautenschlager: „Ich habe dann die zwei anderen Vorstände angerufen, und wir haben erst mal im Internet recherchiert. Und dann haben wir es allmählich geglaubt.“
Der Grund für diese Auszeichnung ist eigentlich ein trauriger. Meckenhausen ist ein 1.200 Einwohner zählender Ortsteil des fränkischen Hilpoltstein. Der dortige Sportverein TSV bietet neben Fußball auch Tennis, Tischtennis, Turnen sowie Fitness- und Gesundheitsveranstaltungen an. Kein Wunder, dass er 750 Mitglieder hat und so eine wesentliche Klammer der Dorfgemeinschaft bildet.
Bei einem benefizspiel traf die AH des TSV auf eine integrative Mannschaft des Auhofs (Quelle: Petra Schoplocher)
Willi Blankenstein war eine Legende in Meckenhausen. 550 Spiele hatte er für den TSV bestritten. Im Jahr 2013 stellten die Ärzte bei ihm einen Gehirntumor fest. Eine Operation verlief letztlich erfolglos. Eine zweite lehnten die Ärzte wegen Aussichtslosigkeit ab. Die verzweifelte Familie setzte ihre Hoffnung auf alternative Therapien, die natürlich viel Geld verschlangen.
TSV-Spendenaktion ein Meilenstein der Vereinsgeschichte – „Jeder wollte helfen, aber wusste nicht wie. Und gemeinsam ging es eben.“
Deshalb organisierte der TSV Meckenhausen am 9. August letzten Jahres auf Initiative der Zumba-Lehrerin Marion Dittenhofer nach Rücksprache mit der Familie einen „Zumbathon“ für Willi. Zumba ist eine Mischung aus Tanz und Bewegung auf der Basis lateinamerikanischer Rhythmen und wird im Verein auch angeboten; „thon“ ist das international gängige Anhängsel für einen guten, nachhaltigen Zweck – entlehnt dem Marathon, bei dem der Läufer die Nachricht überbrachte: „Wir haben gesiegt!“
Rund 500 Besucher kamen teilweise in Sportkleidung und mit Handtuch, um sich die Schweißperlen abzuwischen; andere kamen, um das anschließende Freundschaftsspiel der AH-Mannschaft des TSV gegen ein Inklusionsteam des Auhofs zu verfolgen. In der Einrichtung für behinderte Menschen war Blankenstein beruflich tätig; wieder andere nur, um den Kuchen zu kosten, der in Meckenhausens Haushalten aus Geheimrezepten gebacken wird.
Alles war kostenfrei; lediglich Spenden in eine verschlossene Box wurden erbeten. Lautenschlager: „Ich weiß nur, dass eine vierstellige Summe zusammen gekommen ist. Wir haben die Box gar nicht geöffnet, sondern sofort an die Familie weiter gegeben. Wir wollten die genaue Summe auch gar nicht kennen.“
Willi Blankenstein verstarb drei Monate nach der Veranstaltung im November letzten Jahres, doch für Lautenschlager war die Aktion dennoch ein Meilenstein: „Die Aktion hat die gesamte Dorfgemeinschaft zusammengerückt, denn jeder wollte helfen, aber wusste nicht wie. Und gemeinsam ging es eben. Da trug jeder, der ihm verbunden war, sein Scherflein auf seine Art dazu bei.“
Es hat beim TSV Meckenhausen, der zwischen Kreisliga B und Kreisliga A schwebt, schon Abstiegstrauer und Aufstiegsfeiern gegeben. Auch die „Goldene Raute“ vom Bayerischen Fußball- Verband. „Aber“, fügt Lautenschlager zum Ende des Gesprächs an, „diese Auszeichnung ist die größte, die unser Verein seit seiner Gründung 1947 je erhalten hat. Weil sie deutschlandweit ist – und weil sie weit über den Fußball hinaus weist.“