Blindenfußballer Warzecha empört
03. Dezember 2013 Zurück zur Artikelübersicht »

Robert Warzecha (26, Psychologe) ist Spieler der deutschen Fußball-Nationalmannschaft der Blinden. Am Sonntag (1. Dezember) lief ein entsprechender Bericht in der ARD auf 1 plus. Zuvor erschien auf der Internet-Satire-Seite der TAZ eine grenzwertige Filmbesprechung. Die DFB-Stiftung Sepp Herberger (SHS), die den Blindenfußball seit Jahren unterstützt, führte anlässlich des Weltsport-Behinderten-Tages am 3. Dezember mit Warzecha ein Interview.

Robert Warzecha: Nationalspieler der deutschen Fußball-Nationalmannschaft im Blindenfußball © Carsten Kobow

Robert Warzecha: Nationalspieler der deutschen Fußball-Nationalmannschaft im Blindenfußball © Carsten Kobow

DFB-Stiftung Sepp Herberger: “Zitat aus der TV-Kritik. ‘Der Weg des blinden Fußballers lässt sich doch auch in wenigen Worten nacherzählen: Aua, huch, oh, nanu, uups, oje, hoppla, ach, seufz, o weh – Sorry, Schiri. Ich dachte, Sie wären dieser verdammte Torpfosten!’ Wie haben Sie davon erfahren?”

Robert Warzecha: “Ein Vereinskamerad von Blau-Gelb Marburg hat mich angerufen. Dann habe ich das gelesen.”

DFB-Stiftung Sepp Herberger: “Gelesen? Sie sind doch blind!”

Robert Warzecha: “Es gibt inzwischen Computerprogramme, die wandeln geschriebene Texte in Audio-Files um. So gesehen – Sie merken, ich verwende noch die normale Sprache – habe ich in der Tat den Artikel gehört.”

DFB-Stiftung Sepp Herberger:Waren Sie beleidigt?”

Robert Warzecha: “Ich war erst einmal sprachlos. Dann beleidigt für meinen Sport. Und weh hat mir getan, dass da einer, der noch nie ein Fußballspiel der Blinden gesehen hat, der den Film nicht gesehen hatte, mir unterstellt, ich könnte einen Schiedsrichter – also einen Menschen – nicht von einem Stück Aluminium unterscheiden.”

DFB-Stiftung Sepp Herberger: “Es lässt sich nicht glauben, dass Sie als Nationalspieler nicht innerlich verletzt, verwundet sind. Können Sie sich vorstellen, was der DFB veranstaltet hätte, wenn ein Redakteur Philipp Lahm so angegriffen hätte?”

Robert Warzecha: “Ich lasse mich durch erwiesene Ahnungslosigkeit nicht beleidigen. Wo eine Kluft klafft, gibt es keinen Weg zur Verständigung mehr.”

DFB-Stiftung Sepp Herberger: “Sie haben den Redakteur angerufen. Er sagt, Sie hätten Verständnis geäußert.”

Robert Warzecha: “Ich habe gesagt, dass ich ein durchaus humorvoller Mensch bin. Ich habe auch gesagt, dass er dem Blindenfußball, dem gesamten Behindertensport, geschadet hat. Wenn das der Sinn von sogenannter Satire ist… Aber entschuldigt hat er sich bei mir nicht. Er hat in einem neuen Beitrag ja sogar so getan, als hätten wir gemeinsam gescherzt.”

DFB-Stiftung Sepp Herberger: “DFB-Präsident Wolfgang Niersbach hat auf dem DFB-Bundestag in Nürnberg die Bedeutung des Blindenfußballs unterstrichen. Die Bundesliga wird inzwischen in Innenstädten und nicht mehr auf dem freien Feld ausgetragen. Bundespräsident Gauck ist Schirmherr. Da muss solch ein Rückschlag für Sie doch ein Schlag wie in die Magengrube sein?”

Robert Warzecha: “Erstens: DFB und die Sepp-Herberger-Stiftung leisten Großartiges für unsere Sportart. Zweitens: Blindenfußball ist die komplexeste Blindensportart, die auf der Welt existiert. Warnrufe, Gegner, Anweisungen von Begleitern, Koordination, Rufe der Betreuer. Drittens: Ich kann nichts dafür, wenn ein Blinder über mich schreibt.”

Das Interview führte Rainer Kalb