08. Januar 2013 | Zurück zur Artikelübersicht » |
Nachhaltigkeit – ein Wort mit unzähligen Interpretations-Möglichkeiten. Doch was bedeutet eigentlich Nachhaltigkeit? Und wie kann ich sie im operativen Geschäft von Unternehmen oder Organisationen effektiv verankern? Der freie Sportjournalist Rainer Kalb über das Buch „Gesichter der Nachhaltigkeit“, in dem auch die DFB-Stiftungen Egidius Braun und Sepp Herberger eine wichtige Rolle spielen.
Es gibt keine Sonntagsrede eines Politikers mehr, in die ihm nicht vorab das Wort „Nachhaltigkeit“ rein geschrieben wurde. Insofern ist das Werk, welches Dr. Alexandra Hildebrandt, Mitglied der Kommission Nachhaltigkeit beim Deutschen Fußball-Bund, und ihr Mit-Herausgeber Hauke Schwiezer, laut Selbstbekenntnis „leidenschaftlicher Sportler“ und aktuell Leiter Strategische Geschäftsfeldentwicklung & Nachhaltigkeit für eine Mediengruppe in Heidelberg, vorlegen, bemerkenswert. In dem fast 500-Seiten-starken Buch „Gesichter der Nachhaltigkeit“ bekommt auch der Sport – und besonders der Fußball – sein Gewicht und sein Gesicht. Nachhaltigkeit wird nicht mehr als abstrakter Begriff verstanden, sondern an Personen gebunden. Allein der Buchumschlag, den die Berliner Künstlerin Kitty Kahane gestaltet hat, beschreibt den Inhalt: Ein Männlein, als Weltkugel dargestellt, welches mit Krönlein auf dem Kopf mit einem Fernrohr über einen Tellerrand hinaus in die Welt blickt. Glänzend!
Es ist, wie schon bemerkt, Hildebrandt und Schwiezer gelungen, in den 89 Beiträgen höchst prominenter Autoren auch den Sport, und besonders den Fußball, einzubinden. Dies ist deshalb besonders erwähnenswert, weil die EU kürzlich Mittel für einen dreijährigen Forschungsauftrag vergeben hat, bei dem zehn Universitäten in Europa bis 2015 darstellen sollen, wie nachhaltig der Fußball Europa vereint hat.
Hildebrandt und Schwiezer gehen den anderen Weg. Sie zeigen Deutschland-intern die Vernetzung zwischen Kultur, Wirtschaft, Politik und Sport auf – und deren nachhaltige Wirkung. Die Glaubwürdigkeit ihres Buches wird dadurch erhöht, dass jeder Autor handschriftlich unter seinem Porträt sein persönliches Verständnis des Begriffes „Nachhaltigkeit“ niedergelegt hat. So schreibt Michael Herberger, Urgroßneffe des legendären Sepp und Kurator der gleichnamigen DFB-Stiftung: „Nachhaltigkeit heißt für mich, Deinem Gewissen zu folgen.“ Für einen studierten Diplom-Biologen und Musikproduzenten ein nach-denkenswerter Satz. Wolfgang Watzke, Geschäftsführer der DFB-Stiftung Egidius Braun, sinniert über seine Tätigkeit im Zusammengang mit dem Begriff Nachhaltigkeit: „Jetzt, morgen und vielleicht für die Zeit danach.“ Tobias Wrzesinski, stellvertretender Geschäftsführer der Sepp-Herberger-Stiftung schreibt, Nachhaltigkeit sei für ihn “individuelle Chancen und Möglichkeiten sinnvoll, effektiv und vorausschauend einzusetzen, um dauerhafte Veränderungen (mit-)anzustoßen.“
Interessant auch, was die beiden Herausgeber über ihre Beweggründe mitzuteilen haben. Hauke Schwiezer: „Mit unserem Buch wollen wir das Thema vor allem emotional begreifbar machen, indem wir es mit Menschen in Verbindung bringen, die ihm ein Gesicht geben. Nachhaltigkeit wird oft zu theoretisch und einseitig, vor allem aus ökologischer Betrachtungsweise dargestellt.“ Alexandra Hildebrandt legt den Schwerpunkt auf einen anderen Blickpunkt, und das macht dieses Buch so interessant: „Wir fragten uns, weshalb es überhaupt möglich ist, dass sich nachhaltige Innovationen entwickeln können. Die Antwort: Weil ihre kreativsten Vertreter eine Vision haben, ein ‚Gesicht’, welches ein Bild der Einbildungskraft ist. So erzählt schon die Bibel von den ‚Gesichtern’ der Propheten. Allerdings sagte Thomas Edison einmal, dass Vision ohne Verwirklichung Halluzination ist. Deshalb lag uns sehr daran, auch Umsetzungsprozesse und Ergebnisse zu zeigen.“
Wahrlich, ein prophetisches Buch. Jedem zu empfehlen, der sich um unsere Zukunft auf dem Planeten kümmern will oder kümmern muss. Und endlich einmal erhält der Sport – es kommen auch Ex-DFB-Präsident Dr. Theo Zwanziger, Hoffenheim-Mäzen Dietmar Hopp sowie die Brüder Wladimir und Vitali Klitschko zu Wort – die Darstellungsfläche, die ihm gebührt. Nachdenkenswerte Lektüre über Pioniere und Visionäre…