23. November 2011 | Zurück zur Artikelübersicht » |
Montagnachmittag, Tina Theune steht in einer Sporthalle und referiert zum Thema Raumaufteilung. Ihre Zuhörinnen sind 14 junge Frauen im Alter zwischen 16 und 24 Jahren. Alle tragen Trainingsanzüge der Frauen-Nationalmannschaft und lauschen gespannt den Ausführungen der früheren Nationaltrainerin. Eigentlich keine ungewöhnliche Situation, wäre nicht die Sporthalle die Trainingsstätte der Justizvollzugsanstalt (JVA) Köln. Die jungen Frauen sind dort inhaftiert.
Theune ist als Botschafterin der Sepp-Herberger-Stiftung des Deutschen Fußball-Bundes in die Haftanstalt gekommen. Die jungen Frauen nehmen in Nordrhein-Westfalens größter JVA am Projekt „Anstoß für ein neues Leben“ teil. Mit dieser bundesweit einzigartigen Initiative engagiert sich die älteste deutsche Fußballstiftung gemeinsam mit dem NRW-Justizministerium und der Bundesagentur für Arbeit für Jugendstrafgefangene, um sie aktiv auf die Zeit nach der Haftentlassung vorzubereiten. Neben dem aktiven Sporttreiben werden unter anderem Bewerbertrainings und Anti-Gewalt-Maßnahmen angeboten.
Fußballturnier und persönliche Gespräche Höhepunkte des Besuchs
Klar, dass bei dem Besuch der Weltmeistertrainerin von 2003 der Sport, der Fußball im Vordergrund steht. Theune ist engagiert. Geduldig erklärt sie unterschiedliche Spielformen, korrigiert, gibt Hinweise und Kommandos. Die jungen Mädchen hören gespannt zu: „Es ist toll von der früheren Nationaltrainerin Tipps zu bekommen“, sagt Tamara. Die 20jährige ist seit einem halben Jahr in Köln inhaftiert. Sportlicher Höhepunkt des Tages ist ein Fußballturnier, das Theune gemeinsam mit Wiltrud Friedenstab organisiert. Friedenstab war früher die Zeugwartin der Frauen-Nationalmannschaft. Heute begleitet sie ihre ehemalige Teamchefin in die JVA. „Klar, dass ich mit anpacke, wenn Tina meine Hilfe braucht“, sagt sie. Bei dem Turnier treten in sechs Partien jeweils neu zusammen gestellte Mannschaften gegeneinander an. Die Spielerinnen müssen sich so immer wieder auf andere Situationen und Mitspielerinnen einstellen. Am Ende stehen alle als Sieger fest: Jede Teilnehmerin erhält ein Geschenk. Aus der Frankfurter DFB-Zentrale in der Theune heute als Expertin für Frauen- und Mädchenfußball beruflich tätig ist, hat die Rheinländerin verschiedene Fanartikel mitgebracht. Besonders begehrt sind die originalen Trikots der Frauen-Nationalmannschaft. Die Shirts sind der Hauptpreis für das beste Team. “Es ist für mich eine wichtige Aufgabe, den jungen Frauen über den Fußball Spaß und Freude zu vermitteln. Wir versuchen hier mit unseren Möglichkeiten und unseren Partnern einen Anstoß, eine Idee für das Leben nach der Haftentlassung zugeben“, sagt Theune, die als erste Frau die Fußball-Lehrer-Lizenz erwarb.
Anschließend macht sie sich auf den Weg zur dritten Halbzeit. Dann wird die prominente Stiftungsbotschafterin selbst zur Zuhörerin: Bei Kaffee und selbstgebackenem Kuchen gibt es viele persönliche Gespräche von „Frau zu Frau“